Neu hier? So können Sie bei Remedia Homöopathie suchen ...
help text filter image
Filterkategorie
Schränken Sie den Suchbereich mithilfe der Kategorien ein. So kommen Sie noch schneller zum passenden Suchergebnis aber auch zu erweiterten Detailfiltern.
  • Einzelmittel (Globuli und Dilutionen)
  • Arzneien, Sets, Zubehör und Bücher
  • Website-Inhalte
  • Literaturarchiv
help text input image
Suchbegriff
Suche möglich nach: Einzelmittel-Namen (z.B. Arnica montana), Synonymen (z.B. Brechnuß), Produktnummer (z.B. 9001366), Familie (z.B. Nosode), Scholten Nr. (z.B. 665.24.08). In den grünen Feldern werden Ihnen die jeweiligen Hauptnamen unserer Mittel angezeigt.

Massimo Mangialavori in Eisenstadt

Massimo Mangialavori in Eisenstadt

Eine Reise von den luftigen Gasen zu den Tiefen der Gesteine

Am ersten Wochenende im September hatten wir in Eisenstadt ein Seminarwochenende mit Dr. Massimo Mangialavori, organisiert von der ÖGHM (Österreichische Gesellschaft für homöopathische Medizin) in den Räumen des Orgelbauerhauses, von unserem Chef, Dr. Robert Müntz zur Verfügung gestellt.

Ja, das ist jetzt schon ein paar Wochen her, aber wie soll man diese Fülle an Eindrücken so schnell in passende Worte fassen.


Dr. Massimo Mangialavori und Dr. Robert Müntz

Fangen wir am Anfang an. Kennengelernt habe ich Massimo Mangialavori bei seinem Rundgang durch unseren Betrieb, als Robert ihm unsere Betriebsräume zeigte, und ich war mal erstaunt. Den hätt ich mir größer vorgestellt, aber nur bis die ersten paar Worte gewechselt waren. Dann war ich fast überwältigt von der Energie, die von diesem weißhaarigen Herrn ausging. Ein wacher Geist, ein humorvoller Beobachter… das kann ja spannend werden.

Ein paar Stunden später hat er mich und unsere Runde von ca. 25 Teilnehmern, vorwiegend erfahrene Ärzte und Homöopathen auf die Reise durch seine Sicht auf die Welt der Homöopathie mitgenommen.

Zunächst hat er uns aufgezeigt, dass sich die Homöopathie in den letzten 40 Jahren stark gewandelt hat. Während man früher oft mit einer relativ kleinen Anzahl sogenannter Polykreste (die homöopathischen Alleskönner, die bei einer Vielzahl an Beschwerden Wirkung zeigen) finden konnte, stehen uns heute viele neue Arzneien zur Verfügung, die nicht nur durch die neuen Diagnosen, sondern auch durch die andere Betrachtungsweise vieler Erkrankungen, oft zahlreiche psychische Wirkungen im Arzneimittelbild haben.

Dazu dürfen wir nicht vergessen, zur Zeit von Hahnemann aber auch Kent oder Hering war Freud noch nicht geboren (und retardiert noch keine Beleidigung).

Wir sehen Entwicklungsstörungen heute deutlich differenzierter (Legasthenie, soziale Entwicklung, etc.)

Vielleicht ist auch das ein Grund, dass wir heute meist nicht mit DEM Simillimum das Auslangen finden, sondern für eine umfassenden Heilung manchmal eine Handvoll Arzneien nacheinander nötig sind.

Ein anderer Aspekt ist, dass der Arzt früher immer persönlichen Kontakt zu seinen Patienten hatte. Heute geht da viel über Videokonsultationen und auch die Lehre hat sich vom Lehrer – Schüler Gespann mit seinen persönlichen Interaktionen in vielen Bereichen in die online-Welt verlagert. So können zwar sehr viel mehr Menschen erreicht werden, das oft wichtige Gespräch, die Diskussion mit dem Lehrer ist aber selten geworden.

Und nicht zuletzt haben auch wirtschaftliche Interessen auf manche Bereiche Einfluss genommen.

Und jede Klassifizierung von Arzneien ist nur eine Perspektive von vielen möglichen.

Ausgestattet mit Fallbeispielen hat er uns gezeigt, dass Familien von Arzneien in der Homöopathie nicht unbedingt gleichbedeutend sind mit botanischer Verwandtschaft. Ohne den Wert dieser Klassifizierungen schmälern zu wollen, es gibt auch andere Arten der Systematik und viele Sichtweisen halten sich an Details fest und erfassen dabei das große ganze nicht.

Als Beispiel für die Bandbreite innerhalb einer botanischen Familie, hat er uns die Solanaceae genannt. Gerne ist man versucht bei den Nachtschattengewächsen nur an die düsteren Vertreter mit dramatischen Symptomen wie Belladonna, Hyoscyamus oder Stramonium zu denken, aber nicht jede Solanaceae bringt uns mit einem Fuß ins Grab. Manche verleihen auch Wohlgefühl in Form von Paradeissauce (Solanum  lycopersicum, die Tomate) oder Erdäpfelsalat (Solanum tuberosum, die Kartoffel). Auch wenn manche Pflanzenteile davon giftig sind, ausschließlich lebensgefährlich sind nicht alle in dieser Familie. Und dann gibt es noch Vertreter dieser Familie, die homöopathisch bei recht körperlichen Symptomen gefragt sind wie Tabacum oder Mandragora.

Und damit waren wir schon fast mittendrin in der Arbeitsweise von Massimo Mangialavori.

Er fasst Arzneien in Gruppen zusammen, die er bei einem gemeinsamen Symptomenbild anwenden kann. Diese Anwendungsgebiete sind von ihm durch jahrelange Nachbeobachtung einer erfolgreichen Verordnung abgesichert und nicht die Einteilung durch theoretische Überlegungen getroffen.

Diese Arzneien passen bei bestimmten klinischen Symptomen, sind aber nicht notwendigerweise chemisch oder botanisch ähnlich. Manchmal gehören sie sogar verschiedenen Reichen an, wie Pflanzen, Tiere, Mineralien und können trotzdem Ähnlichkeiten aufweisen.

Am Beispiel der Drogenarzneien hat er uns diese Diversität der möglichen Arzneien vorgeführt. Diese reichen von Gasen (Lachgas, Äther) über Pflanzen (Stramonium, Coca…), Pilze (Psilocybe, Agaricus, Secale...) bis zu den Tieren (Agakröte) und haben doch die rauscherzeugende Wirkung gemein.

Während diese und viele weitere Drogen zu einem Rausch führen, an den man sich danach erinnert und die Erfahrung betrachten kann, sind die Solanaceae für Zustände bekannt, die Reisen auf die dunkle Seite darstellen, wobei man sich danach nicht daran erinnert und somit keine Erfahrung macht, die man später integrieren kann. (Kein Wunder, dass auch südamerikanische Schamanen diese Pflanzen mit äußerster Vorsicht anwenden.)

So findet man z.B. als Arzneien, die bei einem psychischen Zusammenbruch hilfreich sein können, Bufo rana (Tier), Psilocybe (Pilz) oder Anacardium (Pflanze). Oder bei Trauer nach Verlust, Todesfall Acidum phosphoricum (Säure), Lactuca virosa (Pflanze) oder Lithium carbonicum (Salz)

Mit seinen Fallbeispielen hat uns Massimo Mangialavori einerseits gezeigt, dass völlig unterschiedliche Arten von Rückzug des Patienten aus seiner Umgebung, sei es in der Familie oder einer größer gefassten Gemeinschaft, gänzlich verschiedene Ursachen haben können und darum auch Arzneien von gasförmig bis mineralisch verlangen können.


Massimo hat uns seine Patientengeschichten vorgestellt und dann uns gefragt, an welche Arzneien wir bei dieser Krankheitsgeschichte denken. Ab und zu sind wir in die Nähe gekommen, aber es war sehr spannend den Gedankengängen zu folgen, die zur verordneten Arznei geführt haben.

Die gasförmigen Arzneien für Patienten die sich zurückziehen in ihre eigenen Luftschlösser oder Wolkengebilde.

Pilze, manchmal für Menschen deren kreativer Geist (Kopf) groß und schwer auf einem zu schwachen Körper ruht.

Und Menschen deren Beschwerden von einem tief erschütterten Urvertrauen herrühren, benötigen vielleicht Calcium- oder Bariumsalze, bei denen viele vor allem an Kinder denken, und da nicht an die munteren und agilen. Diese ein bisschen beleidigte Sicht auf diese Salze stammt aber wieder aus den alten Quellen, die weder Freud noch moderne Entwicklungsprobleme kannten oder berücksichtigen.

So ein Barium-Patient kann durchaus im Berufsleben erfolgreich sein hat aber dennoch seine Schwierigkeiten in ganz bestimmten Bereichen seines Lebens haben (Steuererklärung machen z.B.)

Heute weiß man, dass Entwicklungsstörungen nicht alle Bereiche gleichermaßen betreffen müssen, und durch gezielte Förderung vieles verbessert werden kann.

Bei der Verschreibung solcher alten Mittel mit wenig schmeichelhaften Symptomen im Arzneimittelbild braucht man allerdings besonderes Fingerspitzengefühl, damit der Patient nicht beleidigt abzieht.  

Mit Hilfe der Bücher von Massimo Mangialavori können wir seine Arbeitsweise weiter erforschen.

Die neue Materia Medica Clinica ist leider zum größten Teil nur auf Englisch verfügbar. Ein Band aus dieser Serie, die Milchmittel ist aber ins Deutsche übersetzt und bei uns erhältlich

Ein weiteres interessantes Hilfsmittel für Homöopathen hat er mit seinen Beiträgen (aus über 11000 Fälle in 40 Jahren) zu Suggesta 2.0 mitgestaltet. Eine Repertoriumssoftware, die bei der Suche auf moderne Ausdrucksweisen Rücksicht nimmt. (Statt uns mit den Begriffen von Kent und seinen Zeitgenossen auf die Geduldsprobe zu stellen)

Nachdem er uns ein Wochenende mit einer Woge an Scharfsinn, Energie, Wissen, Humor und einer schier unerschöpflichen Begeisterung für sein Fach mitgerissen und unsere Geister durcheinandergewirbelt hat….


… hat sich dieser eher kleingewachsene, nicht mehr ganz junge Mann auf seine Maschine gesetzt und ist wieder nach Hause in die Toskana verschwunden.

Was hat er uns dagelassen…

Es gibt keine universell gültigen Ordnungen oder Schubladen

Man muss eine Arznei kennen, um sie verordnen zu können.

Wissen entsteht aus Erfahrung, belegter und reproduzierbarer Erfahrung

…und schöne Erinnerungen an seinen lebendigen Vortrag

Mille Grazie Massimo, e stato un piacere

 

Autorin: Mag. pharm. Barbara Tell, Remedia