Pilze
Geheimnisvoll und vielgestaltig präsentieren sich uns diese ungewöhnlichen Erdbewohner. Diese Lebewesen bilden neben den Pflanzen und Tieren das dritte große Reich der Eucaryota (Lebewesen mit echtem Zellkern) und stehen irgendwo zwischen beiden. An einen Standort gebunden, wie die Pflanzen, zu denen sie früher gezählt wurden, sind sie aber wie Tiere auf Nährstoffe aus ihrer Umgebung angewiesen, da sie selbst keine Photosynthese betreiben können.
Bei Pilzen denken wir vielleicht zuerst an Schwämme wie die Speisepilze Steinpilz oder Champignon oder an gefährliche Formen, die unsere Nahrung oder sogar unsere Häuser zerstören können, nützliche, wie die Hefen die uns zu Brot und Wein verhelfen aber es gibt auch solche, die unserem Körper selbst oder durch ihre Toxine (Giftstoffe) Schaden zufügen können.
Auch in die Welt der Märchen und Geschichten sind die Pilze vorgedrungen. Sie sind Wohnstatt für allerlei Zwerge, Wichtel und natürlich auch für die Schlümpfe. Zwerge trinken das trinken das Wasser, das sich in den Hüten der Pilze sammelt, Hexen und Zauberer benötigen Pilze für ihre Tränke.
Abbildung Schweinsohr
Es gibt wohl kein Reich der Natur in dem eine vergleichbare Vielfalt und diese, noch dazu oft für das Auge verborgen ihr Werk tut. Der überwiegende Teil des Pilzes besteht aus dem unterirdischen Flechtwerk Myzel und nur die Fruchtkörper treten an die Oberfläche.
Gerade im Herbst, wenn die Schwammerl nach der Hitze des Sommers endlich genug Feuchtigkeit finden um ihre Fruchtkörper aus dem Boden strecken und uns daran erinnern, dass sie im Geheimen weiter gewachsen sind, ist ein guter Zeitpunkt sich einmal über dieses Reich der Natur Gedanken zu machen.
Der enthusiastische Schwammerlsucher sollte aber immer bedenken, dass nur ein eindeutig erkannter Pilz mit nach Hause genommen werden soll. Beim geringsten Zweifel, bitte entweder einen Experten, z.B. am Marktamt hinzuziehen oder noch besser stehen lassen. Entweder freut sich später ein menschlicher Kenner, oder Tiere können sich einen Leckerbissen gönnen.
Pilze in der Küche
Champignons sind vor allem in ihrer Kulturform nicht aus unseren Küchen wegzudenken. Sind sie doch als schmackhaftes, kalorienarmes Essen das ganze Jahr über verfügbar. In einem Risotto machen sie genauso wie der inzwischen weithin bekannte Austernseitling immer eine gute Figur.
Der wilde Wiesenchampignon hat im Vergleich dazu ein kräftiges Aroma und kann auch in kleinen Mengen einem Gericht eine besondere Note verleihen.
Überreife Exemplare finden besser in einer Schwammerlsauce ihre kulinarische Bestimmung.
Pilze haltbar machen
Wer die Pilze gern über die Saison hinaus am Speiseplan haben möchte, kann feste Exemplare auch einfrieren. Nach dem Auftauen sind Pilze aber meist etwas wassrig. Bei den Parasolhüten oder auch wenn gebackene Steinpilze gefragt sind, hat es sich bewährt, diese paniert einzufrieren.
Pilzrezepte
Bei mir werden Sie oft als Schwammerlsauce zubereitet. (Zwiebel rösten, Pilze kurz mitrösten, mit Mehl stauben und mit wenig Suppe aufgießen. Am Schluss kommen noch Salz, Pfeffer, Petersilie und Rahm dazu.) Die gibt es einerseits als Selbstzweck, mit Semmelknödeln (dann kommt oft beim Rösten etwas Paprikapulver dazu, als sogenanntes Schwammerlgulasch) oder als Beilagensauce zu feinem Kurzgebratenen wie z.B. Schweins- oder Kalbsfilet. Bei Wildgerichten passen Pilze auch fast immer.
Wenns schnell gehen soll werden die Schwammerl nur mit Zwiebel geröstet und ein verquirltes Ei dazu. Das passt dann zu Butterkartoffeln oder als Omelett auf ein Stück Schwarzbrot.
Eine weitere schnelle Variante ist Eierschwammerl natur oder a la creme zu Pasta. (rösten und dann mit oder ohne etwas Creme fraiche über die Nudeln) Da darf dann natürlich ein guter Blattsalat nicht fehlen.
Beim Thema Pilze in der Küche ist natürlich auch Penicillium roquefortii, der Blauschimmel der für die beliebten Käse zuständig ist, nicht zu vergessen. Mir persönlich sind da Rotschimmel oder der weiße Schimmel von Penicillium camembertii lieber…
Giftpilze
Neben den bekanntesten Speisepilzen wie Steinpilz, Parasol oder Eierschwammerl/Pfifferling lauern aber auch ungenießbare oder sogar hochgiftige Exemplare auf sorglose Sammler.
Abbildung Grüner Knollenblätterpilz
Der grüne Knollenblätterpilz Amanita phalloides ist hier wohl das Paradebeispiel eine Giftpilzes durch dessen Gift nicht nur in der Geschichte Unglücksfälle oder sogar Morde passiert sind.
Viele andere Pilze führen vielleicht zu Kopfschmerzen oder Bauchweh, beim Knollenblätterpilz kommt meist jede Hilfe zu spät, wenn die Vergiftung erst eingetreten ist.
Pilze in anderen Kulturen
Indigene Völker in Südamerika haben eine derartige Kultur bis in unsere Zeit bewahrt und durch die Berichte von R. Gordon Wasson über seine Begegnung mit der mazatekischen Schamanin Maria Sabina und den Pilzen der Gattung Psilocybe, wurde auch uns westlichen Neuzeitmenschen ein kleiner Einblick in diese Welt gestattet.
Einen großen Beitrag zum Verständnis des Umgangs anderer Kulturen mit psychoaktiven Pilzen und vielen weiteren Naturstoffen hat der Ethnopharmakologe und Altamerikanist Christian Rätsch mit seiner unermüdlichen, begeisterten Forschungsarbeit und seinen Büchern geleistet. Leider ist er im September 2022 viel zu früh in das Reich der Ahnen hinübergegangen. Mit seinen Werken hat er uns einen großen Schatz hinterlassen.
Pilze als Krankheitsursache
Ganz andere Pilze stellen und stellten für Menschen eine echte Bedrohung dar. So ist z.B. Aspergillus niger ein Schimmelpilz, der unbemerkt auf Nüssen wachsen kann, im Körper aber durch seine Gifte Krebs erzeugen kann. Viele andere Schimmelpilze verderben unsere Nahrungsmittel oder nisten sich in schlecht geheizten und belüfteten Wohnungen ein und führen zu Atmungsbeschwerden bei ihren Bewohnern.
Secale cornutum
Gleichzeitig wurde aber Mutterkorn schon im Mittelalter zur Blutstillung eingesetzt und auch heute gibt es einige Medikamente aus den, in diesem Pilz enthaltenen Alkaloiden und deren Abkömmlingen. In der Geburtshilfe und in der Migränebehandlung ist Secale cornutum ein wichtiger Rohstoff zur Arzneiherstellung. Selbst das von Albert Hoffmann 1938 im Mutterkornpilz entdeckte LSD gewinnt nach Jahrzehnten des Schattendaseins im Drogenmissbrauch wieder an Bedeutung als Therapieansatz in der Psychotherapie.
Es scheint, dass kein Pilz nur ein Gesicht hat.
Sogar unter den Hefen, die aus der Nahrungsmittelherstellung nicht wegzudenken sind – kein Bier ohne Saccharomyces carlsbergensis – kein Semmerl ohne Saccharomyces cerevisiae - finden sich Arten, die beim Menschen zu Krankheiten oder zumindest Störungen führen können. Schon Babies können unter Candida albicans, dem Soorpilz leiden.
Haut- und Nagelpilzerkrankungen werden oft durch Fadenpilze wie Trichophytonarten hervorgerufen.
Pilze und Pflanzen
Pilze befallen als Rostpilz unsere Rosen im Garten oder sorgen als Monilia oder Ringfäule für kaputte Äpfel.
Schließlich sind es auch Pilze, die im Wald für Ordnung sorgen indem sie den Abbau von totem Holz und abgefallenem Laub zu frischem Humus vorantreiben.
Aber auch die wunderbare Welt der Orchideen könnte ohne Pilze nicht bestehen. Die meisten dieser Schönheiten brauchen Pilze um mit ihrem einfachen Wurzelwerk an oft kargen Stellen auf Baumrinde oder sogar auf Steinen die nötigen Nährstoffe aufzunehmen. Selbst bei der Keimung der winzigen Samen ist der Mycorrhizapilz nötig, damit eine neue Pflanze entstehen kann. Diese Pilze leben in Symbiose mit den Wurzeln ihrer Pflanze.
Verwendung in der Medizin
Neben den oben erwähnten Arzneien aus den Inhaltsstoffen von Secale cornutum, dem Mutterkornpilz gibt es auch eine Reihe an Pilzen, die vorwiegend aus dem Bereich der TCM (Traditionellen chinesischen Medizin) ihren Weg in unseren Heilmittelschatz gefunden haben.
Hier sind vor allem der bekannte Shiitake Pilz oder der Reishi Pilz besonders verbreitet.
Während der Shiitake Pilz auch in der asiatischen Küche nicht wegzudenken ist und so als immunstärkendes Mittel vor allem bei Erkältungskrankheiten helfen kann, ist der Reishi-Pilz als Vitalpilz zur Leistungssteigerung und zur besseren Toleranz bei Sauerstoffmangel auch bei Sportlern gern gesehen.
Beide Pilze zeigen zusätzlich eine entgiftende Wirkung auf die Leber.
Bei den Hoffnungen in der Behandlung von Krebserkrankungen ist in letzter Zeit der sibirische Chaga Pilz ins Gespräch gekommen. Ob in dieser Indikation oder bei Infektionskrankheiten, eine Selbstbehandlung ist hier sicher nicht sinnvoll.
Einer der ältesten arzneilich verwendeten Pilze ist der Lärchenschwamm oder Purgierschwamm (man erkennt schon seine abführende Wirkung…)
Boletus laricis: Heute ist er nur mehr in raren, verschreibungspflichtigen Schwedenbitterrezepten zu finden. Früher wurde der sogenannte Apothekenschwamm auch zur Blutstillung, bei Rheuma und Gicht, Muskel- und Gelenksbeschwerden oder schlecht heilenden Wunden eingesetzt.
Pilze in der Homöopathie
Agaricus muscarius / Amanita muscaria / Fliegenpilz
Boletus laricis / Agaricus albus / Lärchenschwamm
Der Lärchenschwamm ist in der Homöopathie oft bei fieberhaften Erkrankungen mit nächtlichem Schwitzen und Hitzewallungen bei gleichzeitig frostigem Gefühl angezeigt. Ängste, besonders bei Bewegung nach unten sind ein weiteres Merkmal.
Bovista / Lycoperdon bovista / Calvatia gigantea / Riesenbovist
Secale cornutum / Der Mutterkornpilz
Wegen seiner kontrahierenden (zusammenziehenden) Wirkung auf die glatte Muskulatur wirkt Secale bei Beschwerden wie Kälte, Taubheit, anämischen Zuständen oder Gangrän. Besonders ältere Menschen mit Schwäche, Angstgefühl und Abmagerung können von dieser Arznei profitieren. Schlechte Durchblutung der Hände und Durchfälle mit großer Erschöpfung, Kältegefühl und Krämpfen sind typische Symptome, die an Secale denken lassen.
Allergene Cladiosporium, Schimmelpilze
Für Schimmelallergiker stellen potenzierte Schimmelpilze oder auch deren Allergene manchmal eine Hilfe dar. Solche Arzneien können vor allem bei leichteren Fällen Linderung bringen. Bei schweren und chronischen Allergien ist aber einer umfassenden konstitutionellen Behandlung durch einen erfahrenen Homöopathen sicher der Vorzug zu geben.
Amanita phalloides / Knollenblätterpilz
Der Einsatz standardisierter homöopathischer Zubereitungen von Amanita phalloides, dem grünen Knollenblätterpilz in der Behandlung von Krebserkrankungen sollte in jedem Fall nur durch einen in dieser Art der Therapie erfahrenen Arzt erfolgen. Normale homöopathische Zubereitungen von Amanita phalloides sind dazu nicht geeignet.
Pilz Set nach Jan Scholten
Der niederländische Arzt und Homöopath Jan Scholten hat sich nach den Elementen und Pflanzen nun auch den Pilzen zugewandt. Er sieht die Pilze, als Lebewesen, die für den Abbau abgestorbener Pflanzen unabdingbar sind, als Arzneien für Situationen zwischen Leben und Tod, ähnlich der Uranserie bei den Elementen. Themen können hier Krieg, Gewalt, tragische Ereignisse, Tod, Rückzug aus dem Leben sein, aber auch spirituelle Themen, Intuition oder unsichtbare/übermenschliche Kräfte zählt er zu den möglichen Anwendungsgebieten. Körperlich können sie bei Strahlenfolgen, Nekrosen oder Gangrän angezeigt sein.
Im Zuge der Zusammenarbeit mit Ihm haben wir 71 Pilz-Arzneien potenziert und in einem Pilz-Set zusammengestellt. Dieses Set soll Therapeuten, die nach der Systematik von Jan Scholten arbeiten das Reich der Pilze zugänglich machen.
Wenn Sie sich in einem der kurz beschriebenen Mittel wiederfinden, konsultieren Sie bitte Ihren Homöopathen. Gerade bei den Pilzmitteln mit ihren tiefgreifenden körperlichen aber auch seelisch-geistigen Wirkungen ist eine exakte Wahl von Arznei und Potenz besonders wichtig.
Autorin: Mag. pharm. Barbara Tell, Remedia